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MZ
Mitteldeutsche Zeitung

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Ausgabe:  30.05.2003    
 Formfehler der Stadt - Streit um Landesheilanstalt wird zur Hängepartie
 Kulturausschuss zum geplanten Abriss nicht gehört - Stadträte empört

 VON Gerhard Gunkel, 28.05.03, 20:50h, aktualisiert 22:24h
Die im 19. Jahrhundert gebaute Landesheilanstalt in Heide-Süd soll Platz machen für einen Forschungsneubau. Ein Abrissantrag der Stadt liegt vor. Er betrifft jedoch nicht die 1864 erbaute Kirche (vorn im Bild). Denkmalpfleger plädieren für den Erhalt aller Bauten.
(MZ-Foto: Lutz Winkler)

 

Der unstrittene Abriss der Landesheilanstalt in Heide-Süd ist noch einmal auf Eis gelegt worden.

(MZ-Foto: Wolfgang Scholtyseck)

Halle/MZ.
Ingrid Häußler schüttelt immer wieder verärgert den Kopf, schaut nach unten - Halles Oberbürgermeisterin wirkt wie eine Sportlerin, die soeben vom Kampfgericht miserabel benotet worden ist. Kurz zuvor hatte der Stadtrat mit klarer Mehrheit dafür gestimmt, dass über den umstrittenen Abriss der denkmalgeschützten Landesheilanstalt in Heide-Süd der Kulturausschuss beraten soll. Die Verwaltung hatte das Gremium nicht einbezogen - ein schwerer Formfehler. Häußler hatte auf eine zügige Entscheidung gedrängt. Die Heilanstalt aus dem 19. Jahrhundert soll Platz machen für den dritten Baukomplex des Technologie- und Gründerzentrums (TGZ). Fördermittel seien für den 33 Millionen Euro teuren Neubau bereits bewilligt, so TGZ-Chef Wolfgang Lukas. Der Stadtrat sollte am Mittwoch grünes Licht geben.
In der Stadtratsdebatte hatte zunächst UBF-Fraktionschef Dieter Schuh den geplante Abriss scharf kritisiert. Dies wäre eine "Kulturschande für diese Stadt". Schuh schlug vor, aus dem historischen Gebäudekomplex eine Begegnungsstätte für Wissenschaftler zu machen. Außerdem könnten dort Unterkünfte für Olympia 2012 geschaffen werden.

Dann trat Hal-Fraktionschef Mathias Weiland ans Mikrofon. Er verwies darauf, dass sich nach der so genannten Zuständigkeitsordnung des Stadtrates der Kulturausschuss mit dem Abriss beschäftigen müsse, was aber nicht geschehen sei. Schließlich gehe es um die Denkmalpflege. Die Stadtverwaltung hatte aber nur eine Sondersitzung des Planungs- und Wirtschaftsausschusses angesetzt. Nun schauten Stadträte und Vertreter der Verwaltung ins Regelwerk - und Weiland bekam Recht.

Am Rande der Sitzung empörten sich Stadträte über die Unterlassung der Verwaltung. Es war von "Dilettantismus" und "peinlicher Panne" die Rede. Einige meinten, dass jetzt die schon geglaubte Mehrheit für den Abriss noch einmal wackeln könnte.
 

Kommentar - Peinliche Panne
von Gerhard Gunkel

Ob nun Absicht oder Delittantismus - das ist letztlich zweitrangig. Nach einem peinlichen Verfahrensfehler der Stadtverwaltung geht jedenfalls der Streit um den abriss der historischen Heilanstalt weiter. Und die Investoren für das Hochtechnologie-Zentrum in Heide-Süd wissen noch immer nicht, woran sie in Halle sind. Geld ist da, aber in der Verwaltung klemmt die Säge.
So werden Investoren verprellt, aber auch all jene, denen die historische Altbausubstanz am Herzen liegt. Denn sie fühlen sich ausgegrenzt, weil man keinen Wert auf ihr Votum legt. Oberbürgermeisterin Ingrid Häußler hätte bei einem solch sensiblen Projekt darauf achten müssen, dass in ihrer Verwaltung alles glatt geht. So ist die Panne im Stadtrat auch eine Schlappe für Häußler.
Eine gute Seite könnte die neuerliche Denkphase haben: Vielleicht finden die Beteiligten ja noch eine Alternative, die den Abriss verhindert und Investitionen möglich macht.
 
   

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